Das Meeres-Lager in Artek
August 4, 2009

"Meeres-Lager" in Artek
Von Wyborg/Выборг (vgl. hier) zum Pionierlager Artek/Артек ist es weit. Aber vielleicht gibt es eine geheime Verbindung. Alvar Aaltos hatte im damals finnischen Wyborg von 1927-1935 die Bibliothek geplant und gebaut. Ebenso 1935 gründete er die Firma Artek: ” The founder Alvar and Aino Aalto, Maire Gullichsen and Nils-Gustav Hahl believed in a grand synthesis of the arts and wanted to make a difference in town planning as well as architecture and design.” (www.artek.fi/company)
Ob das 1925 auf der Krim in Gursuf/Гурзуф (http://de.wikipedia.org/wiki/Hursuf) gegründete “Internationale Pionierlager” Alvar Aalto zu seinem Firmennamen inspirierte, weiß ich nicht. Laut Bohdan Tscherkes kommt das Wort von dem kleinen Fluss und der Schlucht des Artek-Geländes. Auf Tatarisch heisst es Wachtel.
Die hier vorgestellte Postkarte wurde vom Kiewer Verlag Mistetztwo/Мистецтво (Ukrainisch für “Kunst”) herausgegeben. Eine Jahreszahl ist nicht angegeben – vermutlich 60er Jahre. Fotografiert wurde die Ansicht von I.R.Tunkel/И.Р.Тункель. Die Aufschrift auf der Rückseite ist auf Russisch/Ukrainisch/Englisch und besagt, dass es sich um ein Gebäude aus dem “Meeres Lager”/Морский лагерь handelt.

Rückseite der Karte
Das “Meeres Lager”/Морский лагерь wurde im Juli 1961 eingeweiht. Es bestand aus 7 Gebäuden für 500 Personen und steht dort, wo der Gründer Arteks Solowjow 1925 das erste Zelt für kranke Kinder aus Moskau und Iwanowo aufschlug.
Auf der Abbildung sieht das Gebäude sehr neu aus und die anwesenden Pioniere scheinen das Haus zurückhaltend zu begutachten. Nur ein paar wenige Leute, der Kleidung nach zu urteilen sind es Lehrer oder Erzieher, begehen das Gebäude. Die im Haus befindlichen Leute tragen keine Pionieruniformen und schauen auf die Kinder auf dem Vorplatz. Interessant finde ich die beiden Personen auf der 2. Etage, die sich von der Menge abwenden und separat stehen.

Artek - Detail
Der Fotograf scheint keinen besonderen Moment abgewartet zu haben. Eher wirkt die Situation als ob die Pioniere sich gerade zu einer Veranstaltung versammeln oder als ob eine kollektive Veranstaltung gerade zu Ende ging. Die Gruppe links im Bild hat eine rote Fahne – vielleicht es es aber auch eine Ungenauigkeit im Druck.
Das Pionierlager Artek ist aus verschiedenen Gründen zu Berühmtheit gelangt. Einerseits als kommunistisches Pionierlager, das noch auf den Ideen von Lenin und seinen frühen Gefährten beruht. Ausserdem stand es von Anfang an für Internationalität . Schon 1926 besuchte Clara Zetkin Artek mit einer deutschen Kindergruppe. Nach dem 2. Weltkrieg und dem Tod Stalins wurde architektonisch der Anschluss an die Moderne gesucht. Gerade für Artek wurden sehr elegante und moderne Lösungen gefunden. Der von Chruschtschow/Никита Сергеевич Хрущёв favorisierte Architekt Anatoli Poljanski/ Анатолий Трофимович Полянский (http://en.wikipedia.org/wiki/Anatoly_Polyanski) setzte die Pläne in der gewünschten industrialisierten Bauweise um und konnte somit beweisen, dass man auch in Modulbauweise vielseitige und abwechslungsreiche Gebäude bauen kann. Es wird davon ausgegangen, dass Poljanskis Planungen auf den 1937 gefertigten Skizzen von Iwan Leonidow/Иван Ильич Леонидов basieren. (http://en.wikipedia.org/wiki/Ivan_Leonidov).
Am Ende der Sowjetzeit bestand Artek aus 9 Lagern. Für die Pioniere aus aller Welt war es eine Auszeichnung dorthin in die Ferien entsandt zu werden. Früh übt sich wer ein guter Kommunist werden wollte.
– http://de.wikipedia.org/wiki/Artek
– http://www.suuk.su/inter_de/
– http://www.baufachinformation.de/literatur.jsp?dis=2007039004720
Thomas Neumann
August 5, 2009 at 9:28 am
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